Kryptowährungen sind längst nicht mehr nur ein Nischenthema für Technikbegeisterte. Sie haben sich zu einer ernstzunehmenden Anlageklasse entwickelt, die weltweit Millionen von Anlegern fasziniert. Neben den Chancen auf attraktive Renditen gehen jedoch auch steuerliche Pflichten einher, die oft übersehen werden. Dieser Artikel erläutert die umsatzsteuerlichen Regelungen für Kryptowährungen, beleuchtet die Position der Finanzverwaltung und berücksichtigt maßgebliche Rechtsprechung, um Anlegern Klarheit zu verschaffen.
Die umsatzsteuerliche Behandlung von Kryptowährungen hängt entscheidend von ihrer Nutzung ab. Im Folgenden werden die wichtigsten Anwendungsfälle detailliert betrachtet.
Die umsatzsteuerliche Behandlung von Kryptowährungen wurde maßgeblich durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 22. Oktober 2015 - C-264/14 („Hedqvist“) geprägt. Der EuGH entschied, dass es sich beim Umtausch von konventionellen Währungen (z. B. Euro) in eine virtuelle Währung (z.B. Bitcoin) und umgekehrt um eine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) handelt. Diese ist jedoch gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL von der Umsatzsteuer befreit ist.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat diese Rechtsprechung in seinem Schreiben vom 27. Februar 2018 (BStBl. I 2018, 316) übernommen. Es stufte den Umtausch von konventionellen Währungen in Kryptowährung und umgekehrt als steuerbare sonstige Leistung gem. § 3 Abs. 9 UStG ein, die im Rahmen einer richtlinienkonformen Gesetzesauslegung nach § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG umsatzsteuerfrei ist. Dies bedeutet, dass auch kein Vorsteuerabzug für damit verbundene Leistungen möglich ist.
Hinweis: Beim Umtausch von Kryptowährungen in Euro oder umgekehrt auf einer Handelsplattform fällt keine Umsatzsteuer an. Dies betrifft allerdings nur Kryptowährungen, die als „Currency Token“ oder „Payment Token“ eingestuft werden, also solche, die hauptsächlich als Zahlungsmittel dienen. Andere Arten von Token, wie etwa Utility Token oder Non-Fungible Tokens (NFTs), können steuerlich anders behandelt werden.
Der EuGH hat in seinem Urteil vom 22. Oktober 2015 - C-264/14 bereits ausgeführt, dass der Zweck von Kryptowährungen wie Bitcoin ausschließlich in der Verwendung als Zahlungsmittel besteht. Das BMF hat dies in seinem Schreiben bestätigt und klargestellt, dass die Bezahlung von Leistungen durch Bitcoins oder vergleichbaren Kryptowährungen der Verwendung von konventionellen Zahlungsmitteln gleichgesetzt wird, soweit sie keinem anderen Zweck als dem eines reinen Zahlungsmittels dienen. Die Hingabe von Bitcoin zur bloßen Entgeltentrichtung ist folglich nicht steuerbar.
Umrechnung von Kryptowährung in Euro: Erhält ein Unternehmer Bitcoin als Gegenleistung für eine Lieferung oder Dienstleistung, muss der Wert der Kryptowährung in Euro umgerechnet werden. Laut BMF-Schreiben bestimmt sich bei der Zahlung mit Bitcoin das Entgelt beim Leistenden grundsätzlich nach dem Gegenwert in der Währung des Mitgliedsstaates, in dem die Leistung erfolgt, und zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Leistung ausgeführt wird. Die Umrechnung erfolgt in analoger Anwendung des Art. 91 Abs. 2 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) zum letzten veröffentlichten Verkaufskurs, beispielsweise auf speziellen Umrechnungsplattformen im Internet. Der Unternehmer ist dabei verpflichtet, diesen Kurs zu dokumentieren.
Der Tausch einer Kryptowährung gegen eine andere Kryptowährung wirft die umsatzsteuerliche Frage auf, ob ein solcher Tausch als nicht steuerbare Entgeltentrichtung oder der um einen steuerbaren tauschähnlichen Umsatz im Sinne von § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG zu werten ist. Für die Annahme einer nicht steuerbaren Entgeltentrichtung könnte sprechen, dass Kryptowährungen wie Bitcoin als reines Zahlungsmittel betrachtet werden können. Demgegenüber könnte argumentiert werden, dass hierin ein Austausch einer sonstigen Leistungen gegen eine andere gesehen werden kann und somit ein steuerbarer tauschähnlicher Umsatz vorliegt. Weder die Finanzverwaltung noch die Rechtsprechung hat bislang hierzu Stellung bezogen. Diese Frage kann jedoch vorerst offenbleiben, da im Falle eines steuerbaren tauschähnlichen Umsatzes dieser gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. b) UStG steuerfrei sein sollte und folglich keine Umsatzsteuer anfallen würde.
Des Weiteren hat sich die Finanzverwaltung in ihrem BMF Schreiben vom 27.02.2018 auch zur umsatzsteuerlichen Behandlung des sog. Minings geäußert, also der Erzeugung virtueller Währung. Beim Prozess des Minings („Schürfen“) müssen kryptografische Aufgaben gelöst werden, um einen neuen Block in einer Blockchain zu erzeugen. Dieses Verfahren ist insbesondere bei Bitcoin verbreitet. Die Herausforderung beim Mining besteht darin, eine spezielle Zufallszahl - die sog. Nonce („number only used once“) - zu ermitteln. Diese Nonce ist eine variable Kombination aus Buchstaben und Zahlen, die durch eine bestimmte Anzahl angefügter Nullen ergänzt wird. Je mehr Nullen an die Nonce angehängt werden, desto komplexer gestaltet sich die Ermittlung der Zufallszah. Die Lösung wird durch wiederholtes Ausprobieren gefunden, was eine enorme Rechenkapazität erfordert. Um diese Anforderungen zu bewältigen, schließen sich Miner häufig zu sog. Mining-Pools zusammen oder setzen leistungsstarke Serverfarmen ein, um die verfügbare Rechenleistung zu bündeln. Derjenige, der die Nonce zuerst erfolgreich berechnet, darf einen neuen Block in die Blockchain einfügen und erhält dafür die im Block enthaltenen Token sowie eine Transaktionsgebühr als Belohnung (sog. Block Reward).
Umsatzsteuerlicher Aspekt: Aus umsatzsteuerlicher Sicht stellt der Leistende (Miner) seine Rechenleistung bereit, wobei das „System“ als Leistungsempfänger gilt (BMF-Schreiben vom 27.2.2018, BStBl. I 2018, 317). Aufgrund des Umstands, dass kein individueller Leistungsempfänger identifizierbar ist, kann die Entlohnung in Form des Erhalts neuer Bitcoin nicht als Entgelt für die Minerleistung betrachtet werden. Folglich wird die Minerleistung nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches erbracht und ist mithin auch nicht steuerbar.
Im Hinblick auf die sog. Transaktionsgebühr, die von anderen Teilnehmern des Netzwerks an die Miner gezahlt werden kann, gilt Folgendes: Der Zahler der Gebühr wird als Leistender betrachtet, während der Miner, der die Gebühr erhält, als Leistungsempfänger gilt. Die Zahlung der Transaktionsgebühr ist jedoch freiwillig, da keine Verpflichtung zur Leistung dieser Gebühr besteht. Infolgedessen fehlt es an einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Transaktionsgebühr und der Leistung des Miners. Nach Auffassung der Finanzverwaltung unterliegt die Transaktionsgebühr daher nicht der Umsatzsteuerpflicht.
Die umsatzsteuerliche Behandlung des Minings sollte sich auf die Prozesse „Forging“ und „Staking“ übertragen lassen. Im Gegensatz zum Mining müssen beim Forging („Schmieden“) und Staking („Einsetzen“, „Wetten“) keine kryptografischen Aufgaben gelöst werden. Wer den nächsten Block anfügen darf, wird aufgrund einer gewichteten Zufallsauswahl bestimmt und hängt nicht von der Rechenleistung ab. Dieses Verfahren wird z. B. von Ethereum verwendet. Die Gewichtung erfolgt nach Teilnahmedauer und/oder Anzahl der eingesetzten Coins, dem sog. Stake. Je höher der Stake, desto niedriger die Anforderung, den gesuchten Wert zu finden.
Umsatzsteuerlicher Aspekt: Die umsatzsteuerliche Behandlung des Minings sollte grundsätzlich auch auf die Prozesse des „Forging“ und „Staking“ anwendbar sein. Im Gegensatz zum Mining, bei dem komplexe kryptografische Aufgaben gelöst werden müssen, basieren Forging („Schmieden“) und Staking („Einsetzen“) auf einem anderen Prinzip. Hier wird die Berechtigung, den nächsten Block in der Blockchain hinzuzufügen, durch eine gewichtete Zufallsauswahl bestimmt, die unabhängig von der Rechenleistung ist. Dieses Verfahren wird beispielsweise von Ethereum genutzt. Die Gewichtung hängt von Faktoren wie der Dauer der Teilnahme bzw. der Anzahl der eingesetzten Coins (sog. Stake) ab. Ein höherer Stake senkt die Schwierigkeit, den gesuchten Wert zu finden.
Forging
Beim Forging stellt der Inhaber von Coins diese für einen bestimmten Zeitraum bereit und beteiligt sich aktiv am Prozess der Blockerstellung.
Staking
Beim Staking hingegen stellt der Coin-Inhaber lediglich Einheiten der virtuellen Währung zur Verfügung, ohne selbst direkt an der Erstellung neuer Blöcke beteiligt zu sein.
Beim Lending von Kryptowährungen verleihen Inhaber ihre digitalen Vermögenswerte für einen bestimmten Zeitraum an andere Parteien, um im Gegenzug Zinsen zu erzielen. Dabei behalten die Verleiher die Inhaberschaft über ihre Vermögenswerte, ohne diese verkaufen zu müssen, und generieren gleichzeitig eine laufende Verzinsung. Dies kann über zentrale Plattformen oder dezentrale Finanzprotokolle erfolgen.
Umsatzsteuerlicher Aspekt: Im umsatzsteuerrechtlichen Kontext wird diskutiert, ob Lending von Kryptowährungen eine sonstige Leistung im Sinne von § 3 Abs. 9 UStG darstellt. Einerseits wird die Ansicht vertreten, dass die zeitlich begrenzte Überlassung von Kryptowährungen als steuerbare Leistung zu werten ist. Demgegenüber steht die Auffassung, dass es sich hierbei um keine steuerbare Leistung handelt, da die Bereitstellung häufig in Pools erfolgt und folglich kein klarer Leistungsempfänger identifizierbar ist, was einen direkten Leistungsaustausch ausschließt. Diese Frage kann jedoch dahinstehen, da im Falle der Einstufung als sonstige Leistung die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. a) UStG Anwendung finden sollte, sodass keine Umsatzsteuer anfällt.
Ein Wallet („elektronische Geldbörse“) dient der Verwaltung und Übertragung von Kryptowährungen. Sie enthält einen Private Key (vergleichbar mit einem Passwort) und einen Public Key (ähnlich einer IBAN). Entscheidend ist, dass die Wallet selbst keine Kryptowährungen speichert – diese befinden sich in der Blockchain. Die Wallet ist vielmehr ein Werkzeug, das die Inhaberschaft der Krypto-Assets nachweist.
Arten von Wallets: Es gibt verschiedene Arten von Wallets, die sich in ihrer Handhabung unterscheiden:
Hardware-Wallets (auch Cold-Wallets): Speicherung der Verschlüsselung auf USB-Sticks.
Online-Wallets (auch Hot-Wallets): Speicherung der Verschlüsselung in einer App.
Paper-Wallets: Speicherung der Verschlüsselung auf Papier (z.B. QR-Code)
Umsatzsteuerrechtliche Aspekte: Entsprechend dem BMF-Schreiben vom 27. Februar 2018 gelten Gebühren, die Anbieter für die Bereitstellung digitaler Wallets erheben, als erbrachte sonstige Leistungen gemäß § 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG. Diese sind steuerbar und steuerpflichtig, sofern der Leistungsort im Inland liegt (§ 3a Abs. 2 bzw. Abs. 5 Satz 1 UStG).
Kryptowährungen werden auf spezialisierten Handelsplattformen (sog. Crypto Exchanges) gehandelt. Diese Plattformen ermöglichen den Kauf, Verkauf und Austausch digitaler Währungen. Nach dem Schreiben des BMF vom 27. Februar 2018 hängt die umsatzsteuerrechtliche Behandlung davon ab, welche Rolle die Plattformbetreiber einnehmen. Wenn der Betreiber einer Handelsplattform seine Internetseite als technischen Marktplatz zum Erwerb bzw. Handel von Kryptowährungen wie Bitcoin bereitstellt, handelt es sich um die Ermöglichung der rein EDV-technischen Abwicklung. In diesem Fall kommt eine Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 8 UStG nicht in Betracht. Übernimmt der Betreiber jedoch den Kauf und Verkauf von Kryptowährungen als Mittelperson im eigenen Namen, kommt die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG in Betracht.
Die umsatzsteuerliche Behandlung von Kryptowährungen ist ein facettenreiches Thema, das sowohl für Anleger als auch für Unternehmen von großer Bedeutung ist. Wie dargelegt, sind der Umtausch von Kryptowährungen in Fiatwährungen und umgekehrt sowie deren Nutzung als Zahlungsmittel gemäß EuGH-Rechtsprechung und BMF-Schreiben in der Regel umsatzsteuerfrei, sofern es sich um „Currency“ oder „Payment Token“ handelt. Der Tausch von Kryptowährungen untereinander sowie das Lending von Kryptowährungen sind umsatzsteuerlich noch nicht abschließend geklärt, dürfte aber ebenfalls steuerfrei sein. Mining, Staking und Forging gelten aufgrund fehlender identifizierbarer Leistungsempfänger als nicht steuerbar, während Transaktionsgebühren aufgrund ihres freiwilligen Charakters ebenfalls nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Gebühren für die Bereitstellung von digitalen Wallets sind steuerpflichtig und die Bereitstellung von Handelsplattformen unterliegt abhängig von der Rolle des Betreibers unterschiedlichen umsatzsteuerlichen Regelungen.
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